Die Nacht, D 534

Night

(Poet's title: Die Nacht)

Set by Schubert:

  • D 534
    Schubert did not set the words in italics.

    [February 1817]

Text by:

James Macpherson (Ossian)
Edmund von Harold

Text written 1773-1774.  First published 1775.

Harold’s text is a translation (with modifications) from Macpherson’s English ‘Ossian’, first published 1762.

Die Nacht

Fünf Barden, die die Nacht im Schloss
eines Gebieters, der selber ein Dichter war, zubrachten,
gingen nacheinander, ihre Bemerkungen über die Nacht zu machen,
und kamen mit einer plötzlichen Beschreibung zurück.

Erster Barde.
Die Nacht ist dumpfig und finster.
An den Hügeln ruhn die Wolken,
kein Stern mit grünzitterndem Strahl;
kein Mond schaut durch die Luft.
Im Walde hör ich den Hauch;
aber ich hör ihn weit in der Ferne.
Der Strom des Tals erbraust,
aber sein Brausen ist stürmisch und trüb.
Vom Baum beim Grabe der Toten,
hört man lang die krächzende Eul’.
An der Ebne erblick ich eine dämmernde Bildung!
es ist ein Geist,
er schwindet, er flieht!
Durch diesen Weg wird eine Leiche getragen,
ihren Pfad bezeichnet das Luftbild.
Der fernere Dogge heult von der Hütte des Hügels. –
Der Hirsch liegt im Moose des Bergs.
Neben ihm ruht die Hündin;
in seinem astigten Geweihe hört sie den Wind;
fährt auf und legt sich zur Ruhe wieder nieder.

Der Rehbock liegt in der Kluft des Felsen.
Des Auerhahns Kopf unter seinem Flügel.
Kein Thier, kein Vogel streift umher,
ausser die Eul’, und der heulende Fuchs.
Jene auf einem entblätterten Baum:
dieser in einer Wolke des Hügels.

Düster und keuchend, zitternd und traurig,
verlohr der Wandrer den Weg.
Er irrt durch Gebüsche, durch Dornen
längs der sprudelnden Quelle,
er fürchtet die Klippe und den Sumpf.
Er fürchtet den Geist der Nacht.
Der alte Baum ächzt zu dem Windstoß.
Der fallende Ast erschallt.
Die verwelkte, zusammen verworrene Klette,
treibt der Wind über das Gras.
Es ist der leichte Tritt eines Geists;
er bebt in der Mitte der Nacht.

Die Nacht ist düster, dunkel, und heulend;
wolkigt, stürmisch und schwanger mit Geistern.
Die Toten streifen umher.
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.

Zweiter Barde.
Es erhebt sich der Wind. Der Regen stürzt.
Der Geist des Bergs winselt.
Wälder entsinken der Höhe. Fenster schmettern.
Der wachsende Bergstrom erbraust.
Der Wandrer versucht die Furt.
Horch dieses Winseln! er stirbt:
der Sturm treibt vom Hügel das Ross,
die Ziege, die blöckende Kuhe.
Sie beben neben dem modernden Damm,
wie der Sturm heranrauscht.

Der Weidmann springt aus dem Schlaf,
in seiner einsamen Hütte;
er weckt das sterbende Feuer.
Seine nassen Doggen rauchen um ihn.
Er stopft die Risse mit Heide.
Laut brausen zwei Bergströme,
die neben seinem Lager sich treffen.

Traurig an der Seite des Hügels
sizt der wandernde Schäfer.
Über ihm erschallt der Baum.
Der Strom brüllt vom Felsen herab.
Er erwartet den steigenden Mond,
ihn zu seiner Behausung zu leiten.

Geister besteigen den Sturm diese Nacht.
Süß rauscht ihre Stimme, zwischen den Stößen des Winds.
Ihre Lieder sind von andern Welten.

Der Regen ist vorbei. Der trockne Sturm erbraust.
Ströme brüllen, und Fenster schmettern.
Kalte Tropfen fallen vom Dache.
Ich seh den sternigten Himmel.
Aber der Regen sammlet sich wieder.
Der West ist dunkel und düster.
Die Nacht ist stürmisch und gräßlich;
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.

Dritter Barde.
Der Wind saust zwischen den Hügeln;
und pfeift durch das Gras des Felsen.
Von ihren Stellen stürzen die Fichten.
Die Rasenhütte zerreißt.
die Wolken fliegen über den Himmel zertrennt,
und zeigen die flammenden Sterne.
Das Luftbild, ein Zeichen des Tods!
fliegt funkelnd durch das Dunkel.
Es ruht an dem Hügel. Ich sehe die verwelkten Farren,
den dunkelgipfligten Felsen, die zerfallene Eiche.
Wer ist jener, unter einem Baum,
in seinem Leichentuch neben dem Strom?

Die Wellen taumeln dunkel in der See,
und peitschen ihre felsigten Seiten;
der Kahn ist in der Anfuhr, bis an dem Rande erfüllt;
die Ruder liegen an der wallenden Flute.
Ein Mädchen sizt traurig beim Felsen,
und schaut auf den wälzenden Strom.
Ihr Geliebter versprach ihr zu kommen.
Sie sah einen Kahn an der See,
da er noch leicht die Wellen durchpflügte.
Ist dies sein gebrochener Nachen am Ufer?
Ist dieses sein Ächzen im Winde?

Horch! der Hagel rasselt umher.
Der flockigte Schnee steigt herab.
Die Gipfel der Hügel sind weiß.
Die stürmischen Winde vergehn.
Die Nacht ist unstät und kalt.
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.

Vierter Barde.
Die Nacht ist ruhig und schön;
sie ist blau, sternigt, und still.
Die Winde sind mit den Wolken vergangen.
Sie sinken hinter den Hügel.
Am Gebirg schreitet der Mond.
Die Bäume gleissen: Ströme glänzen am Felsen.
Schimmernd wälzt sich die ruhige See;
schimmernd der Strom des Tals.

Ich seh umgeworfene Bäume;
die Garben des Getraids an der Ebne.
Der wachsame Landmann baut sie wieder auf,
und pfeift im entfernten Felde.

Ruhig, still und schön ist die Nacht!
Wer kömmt von den Gräbern der Todten?
Diese Bildung mit schneeweissem Gewand;
mit weissen Armen, mit dunkelbraunen Locken!
Es ist die Tochter vom Gebieter des Volks:
jene, die kürzlich erlag!
komm, lass uns dich schauen, o Mädchen!
du warst die Freude der Helden!
Der Windstoß treibt die Bildung hinweg;
weiß ohne Gestalt, steigt sie den Hügel hinauf.

Den blauen Nebel treiben die Lüfte,
langsam über das engere Tal.
Er besteigt den Hügel,
und vereinigt sein Haupt mit dem Himmel.
Die Nacht ist still, ruhig, blau,
sternigt und Mondhell.
Empfangt mich nicht meine Freunde,
denn die Nacht ist lieblich und reizend.

Fünfter Barde.
Die Nacht ist still aber gräßlich.
Im Westen hüllt eine Wolke den Mond.
Langsam schreitet jener weißlichte Strahl,
längs dem beschatteten Hügel.
Man hört die entfernte Welle.
Der Bergstrom rauscht an dem Felsen.
Der Hahn kräht aus der Hütte.
Mehr als die Hälfte der Nacht ist vorbei.
Die Hausfrau greift um sich im Dunkeln,
und erweckt das erloschene Feuer.
Der Jäger glaubt, es tage,
und ruft seine springenden Doggen.
Er besteigt den Hügel, und pfeift, im Gehen, voran.
Ein Windstoß entfernt die Wolken.
Er sieht den sternigten Pflug des Nords.
Noch viel von der Nacht ist vorhanden.
Er nickt beim moosigten Felsen.

Horch! der Wirbelwind braust in dem Wald!
ein leises Getümmel im Tal!
Es ist der Toten mächtiges Heer,
das von der Luft zurückkehrt.

Der Mond ruht hinter dem Hügel.
Noch beleuchtet der Strahl den luftigen Felsen.
Weit dehnen sich die Schatten der Bäume.
Nun ist es düster überall.
Die Nacht ist gräßlich, schweigend und dunkel.
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.

Der Gebieter.
Lass Wolken an Hügeln ruhn,
Geister fliegen und Wandrer beben,
lass die Winde der Wälder sich heben,
brausende Stürme herabsteigen,
Ströme brüllen, Fenster klirren,
grünbeflügelte Dämpfe fliegen;
den bleichen Mond sich hinter seinen Hügeln erheben,
oder sein Haupt in Wolken einhüllen.
Die Nacht gilt mir gleich; die Luft sei blau,
stürmisch, oder dunkel.
Die Nacht fliegt vorm Strahl,
wenn er am Hügel sich gießt.
Der junge Tag kehrt von seinen Wolken,
aber wir kehren nimmer zurück.

Wo sind unsre Führer der Vorwelt?
Wo sind unsre weit berühmten Gebieter?
Schweigend sind die Felder ihrer Schlachten.
Kaum sind ihre moosigten Gräber noch übrig.
Man wird auch unser vergessen.
Dies erhabene Gebäu wird zerfallen,
unsere Söhne werden die Trümmer, im Grase nicht erblicken,
sie werden die Greise befragen,
so standen die Mauern unsrer Väter?

Ertönet das Lied, und schlaget die Harfen!
Sendet die fröhlichen Muscheln herum.
Stellt hundert Kerzen in die Höhe.
Jünglinge, Mädchen, beginnet den Tanz!
Nah sei ein graulockiger Barde,
mir die Taten der Vorwelt zu singen,
von Königen, berühmt in unserm Land,
von Gebietern, die wir nicht mehr sehn.
Lass die Nacht also vergehen,
bis der Morgen in unsern Hallen erscheine.
Dann seien nicht ferne der Bogen,
die Doggen, die Jünglinge der Jagd.
Wir werden die Hügel mit dem Morgen besteigen
und die Hirsche erwecken.

Night

Five bards, passing the night in the house
of a chief, who was a poet himself,
went severally to make their observations on,
and returned with an extempore description of, night.

First Bard.
Night is dull and dark.
The clouds rest on the hills.
No star with green trembling beam;
no moon looks from the sky.
I hear the blast in the wood;
but I hear it distant far.
The stream of the valley murmurs;
but its murmur is sullen and sad.
From the tree at the grave of the dead
the long-howling owl is heard.
I see a dim form on the plain!
It is a ghost!
It fades, it flies.
Some funeral shall pass this way:
the meteor marks the path.
The distant dog is howling from the hut of the hill.
The stag lies on the mountain moss:
the hind is at his side.
She hears the wind in his branchy horns.
She starts, but lies again.

The roe is in the cleft of the rock;
the heath-cock’s head is beneath his wing.
No beast, no bird is abroad,
but the owl and the howling fox.
She on a leafless tree:
he in a cloud on the hill.

Dark, panting, trembling, sad
the traveller has lost his way.
Through shrubs, through thorns,
he goes, along the gurgling rill.
He fears the rock and the fen.
He fears the ghost of night.
The old tree groans to the blast;
the falling branch resounds.
The wind drives the withered burs,
clung together, along the grass.
It is the light tread of a ghost!
He trembles amidst the night.

Dark, dusky, howling is night,
cloudy, windy, and full of ghosts!
The dead are abroad!
my friends, receive me from the night.

Second Bard.
The wind is up. The shower descends.
The spirit of the mountain shrieks.
Woods fall from high. Windows flap.
The growing river roars.
The traveller attempts the ford.
Hark that shriek! he dies:
The storm drives the horse from the hill,
the goat, the lowing cow.
They tremble as drives the shower,
beside the mouldering bank.

The hunter starts from sleep,
in his lonely hut;
he wakes the fire decayed.
His wet dogs smoke around him.
He fills the chinks with heath.
Loud roar two mountain streams
which meet beside his booth.

Sad on the side of a hill
the wandering shepherd sits.
The tree resounds above him.
The stream roars down the rock.
He waits for the rising moon
to guide him to his home.

Ghosts ride on the storm to-night.
Sweet is their voice between the squalls of wind.
Their songs are of other worlds.

The rain is past. The dry wind blows.
Streams roar, and windows flap.
Cold drops fall from the roof.
I see the starry sky.
But the shower gathers again.
The west is gloomy and dark.
Night is stormy and dismal;
receive me, my friends, from night.

Third Bard.
The wind still sounds between the hills:
and whistles through the grass of the rock.
The firs fall from their place.
The turfy hut is torn.
The clouds, divided, fly over the sky,
and shew the burning stars.
The meteor, token of death!
flies sparkling through the gloom.
It rests on the hill. I see the withered fern,
the darkbrowed rock, the fallen oak.
Who is that in his shroud
beneath the tree, by the stream?

The waves dark-tumble on the lake,
and lash its rocky sides.
The boat is brimful in the cove;
the oars on the rocking tide.
A maid sits sad beside the rock,
and eyes the rolling stream.
Her lover promised to come.
She saw his boat,
when yet it was light, on the lake.
Is this his broken boat on the shore?
Are these his groans on the wind?

Hark! the hail rattles around.
The flaky snow descends.
The tops of the hills are white.
The stormy wirds abate.
Various is the night and cold;
receive me, my friends, from night.

Fourth Bard.
Night is calm and fair;
blue, starry, settled is night.
The winds, with the clouds, are gone.
They sink behind the hill.
The moon is up on the mountain.
Trees glister: streams shine on the rock.
Bright rolls the settled lake;
bright the stream of the vale.

I see the trees overturned;
the shocks of corn on the plain.
The wakeful hind rebuilds the shocks,
and whistles on the distant field.

Calm, settled, fair is night!
Who comes from the place of the dead?
That form with the robe of snow;
white arms, and dark-brown hair!
It is the daughter of the chief of the people;
she that lately fell!
Come, let us view thee, O maid!
thou that hast been the delight of heroes!
The blast drives the phantom away;
white, without form, it ascends the hill.

The breezes drive the blue mist,
slowly over the narrow vale.
It rises on the hill,
and joins its head to heaven.
Night is settled, calm, blue,
starry, bright with the moon.
Receive me not, my friends,
for lovely is the night.

Fifth Bard.
Night is calm, but dreary.
The moon is in a cloud in the west.
Slow moves that pale beam
along the shaded hill.
The distant wave is heard.
The torrent murmurs on the rock.
The cock is heard from the booth.
More than half the night is past.
The house-wife, groping in the gloom,
re-kindles the settled fire.
The hunter thinks that day approaches,
and calls his bounding dogs.
He ascends the hill and whistles on his way.
A blast removes the cloud.
He sees the starry plough of the north.
Much of the night is to pass.
He nods by the mossy rock.

Hark! the whirlwind is in the wood!
A low murmur in the vale!
It is the mighty army of the dead
returning from the air.

The moon rests behind the hill.
The beam is still on that lofty rock.
Long are the shadows of the trees.
Now it is dark over all.
Night is dreary, silent, and dark;
receive me, my friends, from night.

The Chief.
Let clouds rest on the hills:
spirits fly and travellers fear.
Let the winds of the woods arise,
the sounding storms descend.
Roar streams and windows flap,
and green winged meteors fly;
rise the pale moon from behind her hills,
or inclose her head in clouds;
night is alike to me, blue,
stormy, or gloomy the sky.
Night flies before the beam,
when it is poured on the hill.
The young day returns from his clouds,
but we return no more.

Where are our chiefs of old?
Where our kings of mighty name?
The fields of their battles are silent.
Scarce their mossy tombs remain.
We shall also be forgot.
This lofty house shall fall.
Our sons shall not behold the ruins in grass.
They shall ask of the aged,
“Where stood the walls of our fathers?”

Raise the song, and strike the harp;
send round the shells of joy.
Suspend a hundred tapers on high.
Youths and maids begin the dance.
Let some grey bard be near me
to tell the deeds of other times;
of kings renowned in our land,
of chiefs we behold no more.
Thus let the night pass
until morning shall appear in our halls.
Then let the bow be at hand,
the dogs, the youths of the chace.
We shall ascend the hill with day;
and awake the deer.

English original



One of the reasons for James Macpherson’s success in passing off his own pastiche as translations from ancient Gaelic verse was his occasional admission that some of the sources he was using might not preserve the actual work of Ossian himself. In ‘Croma’ (genuine, he claims) the scene is set as follows:

The people gather to the hall; the sound of the shells is heard. Ten harps are strung; five bards advance, and sing, by turns,* the praise of Ossian; they poured forth their burning souls, and the harp answered to their voice. The joy of Croma was great: for peace returned to the land. The night came on with silence, and the morning returned with joy.

At the asterisk Macpherson apends a long footnote (the whole text above, with the contributions of the five bards and the chief), beginning as follows:

* Those extempore compositions were in great repute among succeeding bards, The pieces extant of that kind shew more of the good ear, than of the poetical genius of their authors. The translator has only met with one poem of this sort, which he thinks worthy of being preserved. It is a thousand years latter than Ossian, but the authors seem to have preserved his manner, and adopted some of his expressions. The story of it is this. Five bards, passing the night in the house of a chief, who was a poet himself, went severally to make their observations on, and returned with an extempore description of, night.  The night happened to be one in October, as appears from the poem; and in the north of Scotland, it has all that variety which the bards ascribe to it, in their descriptions.  First Bard. . . . .

In presenting these six poems about night as a pale 13th century echo of the Ossianic tradition, Macpherson is allowing himself to concentrate on scene-setting and the evocation of atmosphere, and there is no pressure on him to provide a narrative. He can concentrate on the style (confidently believing that he has a ‘good ear’) without having to hold the reader’s attention with yet another account of a battle or the death of a hero. He therefore does not need to show ‘poetical genius’ in the footnote, leaving the reader to conclude that this must indeed be present in the main text!

Original Spelling and notes on the text

Die Nacht

Fünf Barden, die die Nacht im Schloß
eines Gebieters, der selber ein Dichter war, zubrachten,
giengen nacheinander, ihre Bemerkungen über die Nacht zu machen, 
und kamen mit einer plötzlichen Beschreibung zurück.  

Erster Barde.  
Die Nacht ist dumpfig, und finster.   
An den Hügeln ruhn die Wolken.  
Kein Stern mit grünzitterndem Strahl;  
kein Mond schaut durch die Luft.  
Im Walde hör ich den Hauch;  
aber ich hör ihn weit in der Ferne.  
Der Strom des Thals erbraust;  
aber sein Brausen ist stürmisch1 und trüb.  
Vom Baum beym Grabe der Todten,  
hört man lang die krächzende Eul2.  
An der Ebne erblick ich eine dämmernde Bildung!  
es ist ein Geist!   
er schwindet, er flieht.  
Durch diesen Weg wird eine Leiche getragen:  
ihren Pfad bezeichnet das Luftbild.  
Der fernere Dogge heult von der Hütte des Hügels.  
Der Hirsch liegt im Moose des Bergs:  
neben ihm ruht die Hindin.  
In seinem astigten Geweihe hört sie den Wind;  
fährt auf, legt sich zur Ruhe wieder nieder3.   

Der Rehbock liegt in der Kluft des Felsen.  
Des Auerhahns Kopf unter seinem Flügel.  
Kein Thier, kein Vogel streift umher,  
ausser die Eul, und der heulende Fuchs.  
Jene auf einem entblätterten Baum:  
dieser in einer Wolke des Hügels.   

Düster und4 keuchend, zitternd und traurig,  
verlohr der Wanderer den Weg.  
Er irrt durch Gebüsche, durch Dornen  
längs der sprudelnden Quelle.   
Er fürchtet die Klippe und den Sumpf.  
Er fürchtet den Geist der Nacht.  
Der alte Baum ächzt zu dem Windstoß;  
der fallende Ast erschallt.  
Die verwelkte zusammen verworrene Klette,  
treibt der Wind über das Gras.  
Es ist der leichte Tritt eines Geists!  
er bebt in der Mitte der Nacht.   

Die Nacht ist düster, dunkel, und heulend;  
wolkigt, stürmisch und schwanger mit Geistern!  
Die Todten streifen umher!  
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.  

Zweyter Barde.  
Es erhebt sich der Wind. Der Regen stürzt.  
Der Geist des Bergs winselt.  
Wälder entsinken der Höhe. Fenster schmettern.  
Der wachsende Bergstrom erbraust.  
Der Wandrer versucht die Furt.  
Horch dieses Winseln! er stirbt:  
der Sturm treibt vom Hügel das Roß,  
die Ziege, die blöckende Kuhe.  
Sie beben neben dem modernden Damm,  
wie der Sturm heranrauscht.   

Der Weidmann springt aus dem Schlaf,  
in seiner einsamen Hütte;  
er weckt das sterbende Feuer.  
Seine nassen Doggen rauchen um ihn.  
Er stopft die Risse mit Heyde.  
Laut brausen zwey Bergströme,  
die neben seinem Lager sich treffen.   

Traurig an der Seite des Hügels  
sizt der wandernde Schäfer.  
Ueber ihm erschallt der Baum.  
Der Strom brüllt vom Felsen herab.  
Er erwartet den steigenden Mond,  
ihn zu seiner Behausung zu leiten.   

Geister besteigen den Sturm diese Nacht.  
Süß rauscht ihre Stimme, zwischen den Stößen des Winds.  
Ihre Lieder sind von andern Welten.   

Der Regen ist vorbey. Der trockne Sturm erbraust.  
Ströme brüllen, und Fenster schmettern.  
Kalte Tropfen fallen vom Dache.  
Ich seh den sternigten Himmel.  
Aber der Regen sammlet sich wieder.  
Der West ist dunkel und düster.  
Die Nacht ist stürmisch und gräßlich;  
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.  

Dritter Barde.  
Der Wind saust zwischen den Hügeln;  
und pfeift durch das Gras des Felsen.  
Von ihren Stellen stürzen die Fichten.  
Die Rasenhütte zerreißt.  
die Wolken fliegen über den Himmel zertrennt,  
und zeigen die flammenden Sterne.  
Das Luftbild, ein Zeichen des Tods!  
fliegt funkelnd durch das Dunkel.  
Es ruht an dem Hügel. Ich sehe die verwelkten Farren,  
den dunkelgipfligten Felsen, die zerfallene Eiche.  
Wer ist jener, unter einem Baum,  
in seinem Leichentuch neben dem Strom?   

Die Wellen taumeln dunkel in der See,  
und peitschen ihre felsigten Seiten;  
der Kahn ist in der Anfuhr, bis an dem Rande erfüllt;  
die Ruder liegen an der wallenden Flute.  
Ein Mädchen sizt traurig beym Felsen,  
und schaut auf den wälzenden Strom.  
Ihr Geliebter versprach ihr zu kommen.  
Sie sah einen Kahn an der See,  
da er noch leicht die Wellen durchpflügte.  
Ist dies sein gebrochener Nachen am Ufer?  
Ist dieses sein Aechzen im Winde?   

Horch! der Hagel rasselt umher.  
Der flockigte Schnee steigt herab.  
Die Gipfel der Hügel sind weiß.  
Die stürmischen Winde vergehn.  
Die Nacht ist unstät und kalt.  
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.  

Vierter Barde.  
Die Nacht ist ruhig und schön;  
sie ist blau, sternigt, und still.  
Die Winde sind mit den Wolken vergangen.  
Sie sinken hinter den Hügel.  
Am Gebirg schreitet der Mond.  
Die Bäume gleissen: Ströme glänzen am Felsen.  
Schimmernd wälzt sich die ruhige See;  
schimmernd der Strom des Thals.   

Ich seh umgeworfene Bäume;  
die Garben des Getraids an der Ebne.  
Der wachsame Landmann baut sie wieder auf,  
und pfeift im entfernten Felde.   

Ruhig, still und schön ist die Nacht!  
Wer kömmt von den Gräbern der Todten?  
Diese Bildung mit schneeweissem Gewand;  
mit weissen Armen, mit dunkelbraunen Locken!  
Es ist die Tochter vom Gebieter des Volks:  
jene, die kürzlich erlag!  
komm, laß uns dich schauen, o Mädchen!  
du warst die Freude der Helden!  
Der Windstoß treibt die Bildung hinweg;  
weiß ohne Gestalt, steigt sie den Hügel hinauf.   

Den blauen Nebel treiben die Lüfte,  
langsam über das engere Thal.  
Er besteigt den Hügel,   
und vereinigt sein Haupt mit dem Himmel.  
Die Nacht ist still, ruhig, blau,  
sternigt und Mondhell.  
Empfangt mich nicht meine Freunde,  
denn die Nacht ist lieblich und reizend.  

Fünfter Barde.  
Die Nacht ist still aber gräßlich.  
Im Westen hüllt eine Wolke den Mond.  
Langsam schreitet jener weißlichte Strahl,  
längs dem beschatteten Hügel.  
Man hört die entfernte Welle.  
Der Bergstrom rauscht an dem Felsen.  
Der Hahn kräht aus der Hütte.  
Mehr als die Hälfte der Nacht ist vorbey.  
Die Hausfrau greift um sich im Dunkeln,  
und erweckt das erloschene Feuer.  
Der Jäger glaubt, es tage,  
und ruft seine springenden Doggen.  
Er besteigt den Hügel, und pfeift, im Gehen, voran.  
Ein Windstoß entfernt die Wolken.  
Er sieht den sternigten Pflug des Nords.  
Noch viel von der Nacht ist vorhanden.  
Er nickt beym moosigten Felsen.   

Horch! der Wirbelwind braust in dem Wald!  
ein leises Getümmel im Thal!  
Es ist der Todten mächtiges Heer,  
das von der Luft zurückkehrt.   

Der Mond ruht hinter dem Hügel.  
Noch beleuchtet der Strahl den luftigen Felsen.  
Weit dehnen sich die Schatten der Bäume.  
Nun ist es düster überall.  
Die Nacht ist gräßlich, schweigend und dunkel.  
Empfangt mich von der Nacht, meine Freunde.  

Der Gebieter.  
Laß Wolken an Hügeln ruhn:  
Geister fliegen und Wandrer beben.  
Laß die Winde der Wälder sich heben,  
brausende Stürme herabsteigen.  
Ströme brüllen, Fenster klirren5,  
grünbeflügelte Dämpfe fliegen;  
der bleiche Mond sich hinter seinen Hügeln erheben,  
oder sein Haupt in Wolken einhüllen;  
die Nacht gilt mir gleich; die Luft sey blau,  
stürmisch, oder dunkel.  
Die Nacht fliegt6 vorm Strahl,  
wenn er am Hügel sich giest.  
Der junge Tag kehrt von seinen Wolken,  
aber wir kehren nimmer7 zurück.   

Wo sind unsere Führer der Vorwelt;  
wo sind unsere weit berühmten Gebieter?  
Schweigend sind die Felder ihrer Schlachten.  
Kaum sind ihre moosigten Gräber noch übrig.  
Man wird auch unser vergessen.  
Dies erhabene Gebäu wird zerfallen.  
Unsere Söhne werden die Trümmer, im Graß nicht erblicken.  
Sie werden die Greisen befragen,  
"Wo standen die Mauern unsrer Väter?"   

Ertönet das Lied, und schlaget die Harfen;  
sendet die frölichen Muscheln herum.  
Stellt hundert Kerzen in die Höhe.  
Jünglinge, Mädchen beginnet den Tanz.  
Nah sey ein graulockigter Barde,  
mir Thaten der Vorwelt zu singen;  
von Königen berühmt in unserm Land,  
von Gebietern, die wir nicht mehr sehn.  
Laß die Nacht also vergehn,  
bis der Morgen in unsern Hallen erscheine.  
Dann seyen nicht ferne, der Bogen,  
die Doggen, die Jünglinge der Jagd.  
Wir werden die Hügel8 mit dem Morgen besteigen,  
und die Hirsche erwecken.


1  Schubert changed Harold's 'störrisch' (obstinate) to 'stürmisch' (stormy)
2  Schubert changed the word order here, from 'hört man die lang krächzende Eul' (the long-howling owl is heard) to 'hört man lang die krächzende Eul' (the howling owl is heard for a long time)
3  Schubert changed Harold's 'legt sich wieder zur Ruhe' (lies down again to rest) to 'legt sich zur Ruhe wieder nieder' (lies down to rest again)
4  Schubert added 'und' (and) here
5  Schubert changed Harold's 'schmettern' (bang) to 'klirren' (rattle). Presumably neither Harold nor Schubert realised that Macpherson was referring to window openings with no glazing, but just covered with animal skins to keep the wind out.
6  Schubert changed 'flieht' (flees) to 'fliegt' (flies)
7  Schubert changed Harold's 'nicht mehr' (no more) to 'nimmer' (never)
8  Schubert changed 'den Hügel' (the hill) to 'die Hügel' (the hills)

Confirmed by Peter Rastl with Schubert’s source, Die Gedichte Ossians, des Celtischen Helden und Barden. Aus dem Englischen und zum Theile der Celtischen Ursprache übersetzt von Freyherrn von Harold, Zweyte verbesserte und mit vielen bisher unentdeckten Gedichten vermehrte Auflage. Mannheim 1782, im Verlage der Herausgeber der ausländischen schönen Geister, footnote on pages 180-190.

Confirmed with The Poems of Ossian. Translated by James Macpherson, Esq; Vol.I. A new edition, carefully corrected, and greatly improved. London, MDCCLXXIII, footnote on pages 132-136.

Note: This text which Macpherson published merely as a footnote to Ossian’s poem Croma, claiming it originated a thousand years later than Ossian, was subsequently included in anthologies of Celtic poetry with the title The Night-Song of the Bards, see Lyra Celtica, an anthology of representative Celtic poetry, edited by Elizabeth A. Sharp, with introduction and notes by William Sharp. Patrick Geddes and Colleagues, The Lawnmarket Edinburgh, MDCCCXCVI [1906], pages 31-34.

To see an early edition of the text, go to page 180 [Erstes Bild  209] here: https://download.digitale-sammlungen.de/BOOKS/download.pl?id=bsb10035580